Montag, 24. Mai 2010

Long Deep Round

Ja , ich gebs zu: Es ist schon manchmal vorgekommen, daß ich Pferde vorwärts- abwärts reite oder longiere und obwohl ich bei der Zügellänge darauf achte, daß die Senkrechte der Nase möglich ist, rollen sich die Pferde manchmal etwas mehr ein, so daß die Figur dem "long deep round" (erstmals offiziuell wohl eingeführt von Anky van Grunsveens Trainer) entspricht.
Dies ist laut FN inzwischen sogar erlaubt auf internationalen Turnier-Abreitplätzen, und zwar ganze 10 Minuten am Stück. Das ist- meiner Meinung zu Recht- umstritten, ich verteidige aber vehement, daß eine kurzfristige Dehnung von einigen Schritten oder Sprüngen, die noch dazu vom Pferd "freiwillig" angeboten bzw eingenommen wird, keineswegs schädlich, sondern nur eine gute Dehnung und Gymnastizierung ist.

Links dazu- auch zu den Diskussionen zu diesem Thema- finden sich hier:



Zu bedenken ist auch, daß im Dressurreiten natürlich eine ganz andere Körperhaltung angestrebt wird mit wesentlich höherer Aufrichtung als beim Westernreiten, wo ja ein horizontaler Hals, bzw. ein tieferes "Headset" angestrebt werden.

Dementsprechend ist zu beachten, daß die fürs Dressurreiten angebrachten Gymnastizierungsmethoden, deren Ziel eine höhere Ausrichtung ist, im Westernreiten nur bedingt anwendbar sind, denn eine tiefere Halsposition, getragen idealerweise ohne Anlehnung ans Gebiß- erfordert nnatürlich auch eine andere Gymnastizierung.... was leider viele Reiter, die aus dem Dressursport kommen, noch nicht ganz verstanden haben.

Viele erfolgreiche Trainer des Westernreitens kommen also nicht darum herum, ihre Pferde des öfteren "long and low" und gelegentlich eben auch "long deep round" zu arbeiten (vgl vorwärts-abwärts), um dann im Turnier ein Pferd zu haben, das sich mühelos und ohne stete Anlehnung ans Gebiß mit horizontalem Hals selbst trägt- und dessen Rücken vor allem stark genug UND gedehnt genug ist, um dabei entspannt zu bleiben.

Wenn man nun aber die unterschiedliche Anatomie zwischen den typischen Westernrassen (QH, Paint, Am. Appaloosa) gegenüber dem Körperbau und der Winkelung des Warmbluts betrachtet- längere, schrägere Kruppe, tiefere "Vorderknie"= andere Winkelung/weniger "Knieaktion", oftmals stärkere Bemuskelung, insbesondere an Hinterhand und Rücken, sieht man schon, daß diese Rassen gan anderen Schub und ein anderes Gangwerk mitbringen- dementsprechend zeigt sich von selbst die Notwendigkeit, Training und Gymnastizierung entsprechend anzupassen und nicht blindlings die Methoden des Dressursports zu übernehmen.

Auch Western-Freizeitprerde diverser Rassen bringen ihre eigenen Merkmale mit, das Training ist dann individuell anzupassen a) an das gewünschte Resultat bzw. die angestrebte Turnierdisziplin und b) an den jeweiligen Körperbau, Trainingsstand und Konstitution des Pferdes. Einen starken Trab gibt es in Western-Turnierdisziplinen nur selten, der super-langsame und gleichmäßige Jog hingegen, bequem zu sitzen mit eben bleibender Top-Line, gleichmäßig in Schrittempo geritten, ist bei Dressurreitern eine Unmöglichkeit.

Wie jeder Trainer wurde auch ich im Lauf der Jahre schon kritisiert- und umso mehr, je besser/erfolgreicher meine Pferde liefen: Ich habe schon gehört, daß Sporen, unser Western-Bit, Ausbinden oder meine Reitweise nicht pferdefreundlich wären. Meist jedoch von Laien, während erfahrene und erfolgreiche Kollegen kaum etwas zu kritisieren hatten.

Zu sagen ist, daß das Gros der von mir trainierten Pferde nicht nur gesund und rundum gut bemuskelt, sondern auch recht leistungswillig und fröhlich bei der Arbeit waren und sind- kein Zeichen für Quälerei- und daß meine eigenen, langjährigen Turnierpferde alle ein stolzes Alter erreichten und wesentlich länger im Turniersport eingesetzt werden konnten, als manch anderes Pferd- Sioux gewann z.B. mit 27 Jahren noch eine Western Pleasure mit einer Jugendlichen und stand immer mit eifersüchtigem Blick am Zaun, wenn ich andere Pferde trainierte und versuchte, ihn aus Altersgründen zu schonen... und die topfitte KC verkaufte ich mit 20 an einen Reitschüler... usw...
Hingegen ist es meiner Meinung durchaus schlecht fürs Pferd, wenn man auf eine kosnequente Gymnastizierung und Erziehung verzichtet und durch stete Fehlhaltungen, die natürlich nicht korrigiert werden, langsfristig Rücken, Nacken, Schultern und Beine falsch oder übermäßig belastet- was schon so manche Lahmheit verursacht hat- abgesehen von der Gefahr, mit einem schlecht ausgebildetem Pferd im Gelände auf Abwege zu geraten- ich kannte mal einen Tinker, der baumlos und gebißlos geritten wurde, der aber dauernd irgendwelche Zäune einriß und horrende Tierarztrechnungen verursachte...